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Was könnte man über die Grafik des (deutschen) Expressionismus noch sagen, was noch nicht gesagt wurde? In Wien, wo so manch „Kunstaffinem“ die Namen Jungnickel, Laske, Kalvach oder Walde mehr sagen als Kirchner, Bleyl, Heckel und Schmidt-Rottluff, wahrscheinlich noch einiges. Letztere hatten sich 1905 in Dresden als junge Studenten zur „Künstlergruppe Brücke“ zusammengetan, der später auch noch Max Pechstein, Otto Mueller oder Emil Nolde angehörten. Im Frühjahr 1913 trennten sie sich in Berlin wieder (die Umstände lassen sich in jeder gescheiten Geschichte der Kunst des 20. Jahrhunderts nachlesen), nachdem sie (nicht nur) die deutsche Kunst revolutioniert hatten. Als „Deutscher Expressionismus“ fand schließlich der wichtigste, bleibende und weit über die Landesgrenzen hinaus wirkende deutsche Beitrag zur Kunst des 20. Jahrhunderts Eingang in die Weltkunst. Das Architekturstudium ließen die ersten Brücke-Mitglieder schnell hinter sich, um Maler, insbesondere aber Grafiker, und hier wieder allesamt herausragende Druckgrafiker zu werden. Neben Einzeldrucken wurden Drucke zu Mappen zusammengestellt und Ausstellungskataloge mit hochwertiger Originalgrafik versehen. Es ist genau dies das Repertoire, erweitert um illustrierte Bücher, aus dem die druckgrafische Produktion der Nachfolgekünstler ihre Inspiration zieht, bis der Naziterror dem fast 30-jährigen Reigen ein brüskes Ende setzt. Warum nun einteilen in „Brücke“ und „Nach-Brücke“? Der Expressionismus der Brücke-Zeit ist gleichzeitig Pionierzeit und Hochblüte. Die grafische Produktion der Hauptkünstler ist trotz individueller künstlerischer Eigenarten von einer seltenen Einheitlichkeit, vor allem in qualitativer Hinsicht. Das dem Expressionismus gemeinhin nachgesagte Exstatische findet sich in der Grafik der Bücke-Künstler dagegen eher selten. Vielmehr beziehen sie ihre Inspiration aus der natürlichen Umgebung der Moritzburger Seen, wo sie angeblich nackt mit ihren Modellen herumtollten. Da beherrscht heitere Unbekümmertheit die Szene und noch nicht die Schwere, Pathetik und Exaltiertheit der kommenden Kriegsjahre. Die Helden der Brücke-Künstler waren Van Gogh, Gauguin, Vallotton, Munch, die deutsche Gotik, die japanischen Holzschnittkünstler und die sogenannten „Primitiven“. Dann kommt das Jahr 1914, ein Jahr nach Auflösung der Gruppe, das einen ähnlich großen Einschnitt wie 1933 bedeutet, wenn auch mit anderen Vorzeichen. Pechstein muss das Paradies der Palau-Inseln im Pazifik fluchtartig wegen der heranrückenden Japaner verlassen, die in München naturalisierten Russen (Der Blaue Reiter!) sind plötzlich Feinde, ganz zu schweigen von den Franzosen, deren bisheriges internationales Kunstmekka Paris für viele ausländische Künstler zur Terra non grata wird. Die einzelnen Brücke-Mitglieder gehen nach 1913 ihre eigenen Wege (den Anstoß bildete die Übersiedelung der Gruppe 1911 nach Berlin) und der vereinheitlichende „Brücke-Stil“ der Dresdner Jahre macht individuelleren Stilentwicklungen der einzelnen Mitglieder Platz. Der Stil wird allgemein – wenn man so will – urbaner. 1917 wird der morphiumsüchtige Kirchner für immer in die Schweiz gehen. Der Schock der Jahre 1914-1918 sowie die unmittelbaren Nachkriegsjahre mit Kriegsgräueln, Not, persönlichem Verlust, Hunger, Zerreißen freundschaftlicher Bande aber auch dem Gefühl der Machtlosigkeit gegenüber den Kriegsprofiteuren lässt bei vielen der anfangs von den Errungenschaften der „Brücke“ inspirierten Künstlern einen Stil aufkeimen, der beeinflusst wird von Betroffenheit, Empathie, Anklage und Aufwühlung bis zur Exaltiertheit, manchmal auch bitterem Sarkasmus (beispielhaft seien hier die KünstlerInnen Käthe Kollwitz, Otto Dix, George Grosz oder Frans Masereel genannt). Der Ex-Brücke-Künstler Erich Heckel schneidet nun nicht mehr Akte in Holz, sondern die Verwundeten an der Front in Flandern. Und beim Anblick der kurz vor Ausbruch des Krieges in Paris entstandenen Radierung „Haschisch III“ des Österreichers Ludwig Wachlmeier, alias Aloys Wach, fällt einem spontan Georg Trakls letztes Gedicht „Grodek“ aus dem ersten Kriegsjahr ein, das auch von der Verzweiflung über die Unmöglichkeit zu helfen erzählt, kurz bevor sich Trakl selbst siebenundzwanzigjährig mit Kokain ins Jenseits befördert. „Alle Straßen münden in schwarze Verwesung“. Natürlich konnte Wach Trakls „Grodek“ noch nicht kennen, wenn ihm Georg Trakl überhaupt ein Begriff war, aber es ist der ähnliche Zugang und die Verarbeitung des Erlebten, die beide zu herausragenden Exponenten des Expressionismus macht. Eine Sonderstellung in der Grafik des deutschen Expressionismus nimmt das Holzschnittwerk von Christian Rohlfs ein. 1849 geboren als ein Kind der deutschen Romantik, gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein bedeutender Vertreter des Impressionismus und für die Brücke-Künstler eigentlich so etwas wie eine Vaterfigur, war Rohlfs von den Erzeugnissen der letzteren offenbar so beeindruckt, dass er ab 1910 noch 61-jährig selbst für einige Jahre zu einem stilistisch unverwechselbaren, dem Expressionismus nahestehenden Experimentator wurde. Während die wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Erschütterungen um 1900 einen günstigen Nährboden für diverse Sezessionsbewegungen und in der Folge auch für den Expressionismus bereitet hatten, wurde letzterer in den Jahren nach der „Brücke“ außer durch die persönlichen Auswirkungen des Krieges auf einzelne Künstler noch durch zwei weitere Tendenzen maßgeblich beeinflusst: die sukzessive Beeinflussung und Durchdringung durch von außen kommende andere Stile, vor allem Futurismus und Kubismus (noch später geht der Zug dann in Richtung „Neue Sachlichkeit“) und eine starke Politisierung. Wenn sich der Dadaist Hans Arp 1924 mokiert, der Expressionismus sei ein „falscher Hase“, ein „aus Kubismus und Futurismus gehacktes metaphysisches deutsches Beefsteak“, dann enthält seine Aussage, wie jeder Witz, ein Körnchen Wahrheit. Fast klingt es so, als würde Arp bedauern, dass der Expressionismus seit seinen „Brücke“-Anfängen seiner ganzen anfänglichen Naivität beraubt wurde. Tatsächlich wird der Expressionismus nach 1918 in Deutschland, darin den Finanzen ähnlich, ein geradezu inflationäres Phänomen und es macht sich ein gewisser Eklektizismus breit. Verärgert über die Ablehnung durch Paul Cassirer und Paul Westheim 1920 in Berlin, bemerkt der österreichische Expressionist und Mitglied der Passauer „Fels-Gruppe“ Carry Hauser: „Wenn man in Berlin […] nicht alle Formen lieblos brutal und eckig stehen lässt, ist man süßlich wienerisch. Was in Berlin jetzt Kunst genannt wird, ist Wiener Kunstgewerbeschule anno 1910, nur viel geschmackloser, oberflächlicher und dafür mit einem intellektuellen Programmmäntelchen behängt. Wir nannten es damals wenigstens offen Ornament, in Berlin nennt man es mystisch Expressionistisch.“ Die vom Matrosenaufstand 1918 in Kiel (der sogenannten Novemberrevolution, die das Ende des 1. Weltkriegs einläutete) inspirierte, Ende 1918 in Berlin gegründete „Novembergruppe“ agierte mit über 480 mit ihr assoziierbaren KünstlerInnen (im Gegensatz zur „exklusiven“ KG Brücke) äußerst inklusiv und von entsprechender Stilvielfalt geprägt. Ihr Motto war mit dem Satz im Gründungsmanifest „Wir stehen auf dem fruchtbaren Boden der Revolution. Unser Wahlspruch heißt Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ politisch und das wörtliche Zitat des französischen Revolutionsmottos eindeutig eine Provokation. Die Initiatoren waren u.a. Max Pechstein, Georg Tappert, César Klein, Moriz Melzer und Heinrich Richter-Berlin. Pechstein zeichnete den symbolischen Fackelträger mit brennendem Herzen auf den Umschlag zur Broschüre „An alle Künstler!“, in der die Mitwirkung der Künstler an der zukünftigen Kulturpolitik eingefordert wurde. Schon ab 1910 war ein politisch aufgeladener Expressionismus durch Zeitschriften wie Herwarth Waldens legendären „Der Sturm“, vielmehr aber noch durch Franz Pfemferts „Die Aktion“ präsent, Zeitschriften, die neben ihren literarisch-politischen Inhalten wegen ihres durch die gesamte Weimarer Republik andauernden Erscheinens auch eine bedeutende Dokumentation zeitgenössischer Kunstströmungen darstellen. So begann die Veröffentlichung von Grafik auf den Titelseiten des Sturm mit den herausfordernden (expressionistischen) Zeichnungen des jungen Oskar Kokoschka, setzte sich mit Original-Holzschnitten der Brücke-Künstler und deren Nachfolger fort und endete in den 1930er Jahren mit Grafik des Konstruktivismus. Womit wir beim Beitrag Österreichs zur Druckgrafik des Expressionismus wären. Im Vergleich zu Deutschland ist hier tatsächlich recht wenig zu berichten. Kokoschka reüssierte zuerst durch die Vermittlung von Adolf Loos durch Herwarth Waldens Sturm-Galerie und Paul Cassirer in Berlin, später auch international, während er in Wien als junger Lehrer von den Behörden für unzumutbar erklärt und entlassen wurde. Der bedeutendste Expressionist Österreichs, Egon Schiele hat außer einer Handvoll Blättern, die ihre Entstehung eher äußerlichen Umständen verdanken, wenig zur Druckgrafik des Expressionismus beigetragen. Dann wären da noch Alfred Kubin, der mit dem Blauen Reiter in München assoziiert war und als Symbolist und Fantastiker eine Sonderstellung einnimmt, Max Oppenheimer (der von Kokoschka mit Plagiatsvorwürfen überhäuft wurde), der bereits erwähnte Aloys Wach, Georg Ehrlich, Wilhelm Traeger und (vor allem als Buchillustratoren) Erwin Lang und Uriel Birnbaum. Bleiben die, die – eine Generation jünger als die Gründer der „Brücke“ – nach dem ersten Weltkrieg auf den Zug des Expressionismus aufsprangen. Dazu zählen bei den Druckgrafikern Otto Rudolf Schatz, Carry Hauser, Karl Rössing und die wunderbare Margarete Hamerschlag, die aber nie wirklich Eingang in den Markt fand, weil Ihre expressionistischen Holzschnitte der Zwischenkriegszeit nur in Probe- bzw. Unikatdrucken überliefert und entsprechend selten sind. Dass der Expressionismus mit dem Beginn des 1. Weltkrieges beendet gewesen wäre, so wie auf Wien Wiki zu lesen, ist jedenfalls eine nicht nachvollziehbare Behauptung. Denn auch noch spät im 20. Jahrhundert nehmen Künstler wie Erich Steininger oder Klaus Süß eindeutige Anleihen beim figurativen Expressionismus der Frühzeit und auch noch Hans Hartungs wild gestische (und teilweise mit der Axt produzierten) informellen Holzschnitte der 1970er Jahre bilden eine Klammer mit einer der ersten bedeutenden Druckgrafiken des abstrakten Expressionismus, mit Kurt Schwitters‘ unbetiteltem Holzschnitt-Beitrag zu Erich Küppers‘ „Kestnerbuch“ von 1919. |
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| Der Akt, also die Darstellung des nackten menschlichen Körpers, begann seine bildnerisch-skulpturale Existenz als Kultobjekt, bezog seinen Namen durch den Umstand, dass man den Körper zu Studienzecken in Bewegung setzte und endet gegenwärtig in einer unüberschaubaren Flut pornografischer Bilder. Dies führt im Gegenzug zu einer neuen Art von Prüderie, bei der schon das leiseste Interesse an Nacktdarstellungen, wie künstlerisch oder historisch bedeutsam auch immer, unter Verdacht gestellt wird, wobei Facebook und Instagram die Leitlinie vorgeben, wenn sie die Venus von Willendorf als pornografisch einstufen. Dazwischen liegen die bekannten, allesamt im 19. Jahrhundert angesiedelten (Nackt-)Kunstskandale um Manet, Goya, Courbet und so weiter, die heute natürlich keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlocken würden, bei all dem, was einem gegenwärtig im Mainstreamkino und Theater zugemutet und von einem breiten Publikum toleriert wird. Dabei ist das eigentliche und viel weniger marktschreierische Feld des klassischen Aktbildes die Zeichnung – von der schnellen Skizze bis zur ausgearbeiteten Studie, eigenständig oder als Vorbereitung für ein größeres Werk in einem anderen Medium. Wenn hier vom gezeichneten Akt die Rede ist, dann sind auch gedruckte Bilder nicht weit. Denn entweder entstehen sie ebenfalls nach Vorzeichnungen, wie dies zum Beispiel bei den Holzschnitten von Käthe Kollwitz der Fall ist, oder sie werden wie bei der Radierung oder Lithographie direkt auf eine Druckmatrix gezeichnet – im Falle der deutschen Expressionisten auch spontan mit dem Messer in einen Holzstock geschnitten. Im Gegensatz zu manchen auf Papier gezeichneten Studien sind Drucke (und damit sind nicht maschinell reproduzierte Abbildungen gemeint) allerdings immer als eigenständige Kunstwerke zu verstehen, dient ihr Ergebnis doch nicht oder nur selten zur Übersetzung in ein anderes Medium. Eine Sonderstellung des gedruckten Aktbildes nimmt die Fotografie ein. Auch wenn sie, zumindest der chemisch entwickelte analoge "Abzug", keine druckgrafische Technik darstellt, ist ein Überblick über die Geschichte des Aktbildes ohne Einbeziehung der Fotografie schwer vorstellbar, hat sie doch zum Beispiel schon früh Aktvorlagen für Künstler geliefert. Im Übrigen musste das Foto im Laufe seiner Geschichte oft genug zur Vervielfältigung für größere Auflagen erst in ein druckfähiges Medium überführt werden, um so als "Heliogravüre", "Collotypie", "Kupfertiefdruck" oder eben neuerdings als "Giclée-Druck" dauerhafte Form anzunehmen, ganz zu schweigen von den vielen Möglichkeiten, fotografische Vorlagen im Siebdruck oder anderen druckgrafischen Medien einzusetzen. Die Ausstellung in der Galerie Hochdruck versammelt gedruckte und gezeichnete Aktdarstellungen aus über 500 Jahren: von Dürers ironischem und höchstwahrscheinlich autobiografischem "Männerbad" (um 1497), über mythologische oder alttestamentarische Darstellungen wie Hans Sebald Behams "Joseph und Potiphars Weib" (1544), bei der man – auch wegen des kleinen Formats – unweigerlich an historische Aktfotos im Carte-de-Visite-Format denken muss, über die die Verletzlichkeit des menschlichen Körpers in den Vordergrund rückenden und aufwühlenden Darstellungen von Käthe Kollwitz, die flüchtig hingeworfenen Männertorsos eines Anton Kolig bis zu den witzigen (Selbst-)Darstellungen des Fotografen und jüngsten Teilnehmers der Ausstellung Kia Sciarrone. |


